Wenn Träume fliegen lernen …!
Copyright „Elefant“ (Video – Musik, Text, Gesang, Malereien, Film, Schnitt) by Christina Schmitt, 2019
Ich glaube, jeder von uns wird bestätigen, wie erhebend ein wohlwollender liebevoller Blick eines anderen Menschen sein kann, eines Menschen, der fest und bedingungslos an uns glaubt. Man beginnt, sich freier zu fühlen, die Angst nicht gut genug zu sein, fällt weg und plötzlich entsteht wieder Freiraum und Energie für kreatives Denken und Wirken …!
In unserer, leider meist am defizitären Denken orientierten Gesellschaft, sind Kinder von allen Seiten Erwartungen ausgesetzt. Oft hören sie von Lehrern, Eltern, Verwandten oder Betreuern: „Das kannst du noch nicht so gut!“ oder „Hier musst du dich anstrengen, da musst du noch besser werden!“
Mit solchen Sätzen werden Kinder massiv unter Druck gesetzt und klein gehalten. Das feinfühlige Kind spürt genau, was im Gesagten mitschwingt: „Du bist unvollkommen, so, wie du bist.“
Die Folge ist, dass im Verlauf die eigenen innersten seelischen Bedürfnisse und Empfindungen des Kindes von den Erwartungen der Familie, Freunde etc. verdrängt werden. Denn jedes Kind ist abhängig von seiner Umwelt, wünscht sich zutiefst, geliebt zu werden und wird versuchen, es jedem Recht zu machen. Seine eigenen Träume, Wünsche, Bedürfnisse stellt es hinten an; es wird „brav“ und “fleißig“ und sichert (kauft) sich damit die Liebe von Eltern und Lehrern. Ein Tausch von Träumen gegen Liebe – das ist leider oft die Realität. Geschieht das über einen langen Zeitraum können sich beim Kind Symptome wie etwa Unkonzentriertheit, Lustlosigkeit, Phantasielosigkeit oder Abgestumpftheit entwickeln.
Der vor 41 Jahren in einem Feldexperiment mit Lehrern und Schülern entstandene Rosenthaleffekt hat gezeigt, dass der Glaube an einen Menschen, eine positive Erwartungshaltung, die sich an den – jedem Menschen innewohnenenden – Potentialen orientiert, einem Kind Flügel verleihen kann. Wer einem Kind in ehrlicher und authentischer Weise vermittelt „Ich glaube fest an dich – ohne wenn und aber“ – der macht ihm damit ein großes Geschenk. Das Kind lernt dadurch auch, sich selbst zu vertrauen und ebenfalls an sich zu glauben, auch, wenn es mal nicht so gut läuft – in der Schule und mit den Freunden.
Selbstwert, Selbstbewusstsein aber sind maßgebliche Basisträger für die Entwicklung einer Sozialkompetenz sowie Empathie und Menschlichkeit, die unabdingbar für eine gesunde Gesellschaft sind.
Wir wissen heute von der Fähigkeit der Neuroplastizität unseres Gehirns und dass – stärker als die Gene – Umweltfaktoren einen entscheidenden Einfluss auf die geistig-seelische Entwicklung eines Menschen haben. Ein Mensch kann quasi ein Leben lang lernen und sich verändern; ein Leben lang kann ein Mensch sich für ganz neue Wege entscheiden, wenn er in einem förderlichen Umfeld aufwächst.
Wenn einem Kind, das unbedarft vor sich hinsummt, schon in jungen Jahren gesagt wird: „Höre besser auf zu singen, das klingt ja furchtbar!“, wird das Kind verstummen, der Weg einer möglichen musikalischen Entwicklung wird aprupt abgeschnitten, die dazu gehörenden Bahnen im Gehirn entwickeln sich ersteinmal nicht weiter … bis eines Tages vielleicht ein liebevoller Mensch kommt, der das musikalische Potential des Kindes wieder aufweckt.
Laut dem bekannten Hirnforscher Professor Dr. Gerald Hüther lernt ein Kind besonders gerne und spielerisch, wenn die Lerninhalte von Lehrern und Pädagogen mit echter Begeisterung vermittelt werden. Dann kann der Funke überspringen, dann wird Raum für Experimentierfreude und Entdeckergeist geschaffen, dann möchte ein Kind plötzlich wirklich verstehen und dazulernen. Es ist eine Freude solchen Pädagogen beim Unterrichten zuzusehen und zu beobachten, wie die Kinder unter deren Obhut regelrecht aufblühen.
Auch in der Kunsttherapie wird dem Kind ein geschützter kreativer Raum zur Verfügung gestellt. Das Kind wird ganzheitlich wahrgenommen und kann – unter der behutsamen Begleitung einer Kunsttherapeutin – seine Flügel entfalten und neue Welten erkunden: im unendlichen Reich des kreativen Gestaltens, mittels Malen, Tonen oder der Arbeit mit Märchen und Rollenspielen …! Das Kind lernt hier wieder, an sich zu glauben – durch den heilsamen Kontakt in der Begleitung durch die Kunsttherapeutin. Es entsteht viel Raum für Spiel- und Entdeckerfreude und das Kind kann dadurch lernen, Schritt für Schritt neue Wege zu gehen, die zu mehr Erfülltheit, Zufriedenheit und Ausgeglichenheit führen können.
Mai 2016, Christina Schmitt
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